Der LandesSportBund (LSB) Niedersachsen bekennt sich in seiner Satzung zur "freiheitlich demokratischen Grundordnung und tritt allen rassistischen, antisemitischen und extremistischen Bestrebungen und Aktivitäten entschieden entgegen." (§2, Satz 7)
Seit der Enthüllungsrecherche „Geheimplan gegen Deutschland“ auf der Plattform correctiv (LINK) am 10. Januar 2024, sind deutschlandweit bereits über 2 Millionen Menschen gegen extrem rechte Ideologien und für Demokratie auf die Straßen gezogen. Diese Haltung erreicht auch den Sport. Die Anfragen bezüglich eines Umgangs mit extrem Rechten, Satzungsergänzungen, Workshops zu Demokratiestärkung und allgemeinen Beratung im Bereich Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit steigen an.
Diese Frage-Sammlung, FAQ genannt (Frequently Asked Questions = oft gestellte Fragen), bietet erste Informationen und weiterführende Arbeitshilfen für Sportvereine, Sportbünde und Landesfachverbände zum Umgang mit rechtspopulistischen und extrem rechten Positionen in der Gesellschaft. Hier erhalten Sie Antworten auf Fragen, die derzeit von Mitgliedsvereinen an uns herangetragen werden.
Ja, das Recht auf Versammlungsfreiheit gilt auch für Sportvereine/Sportbünde/Landesfachverbände. Der Verein muss die allgemeinen Grundrechte beachten, so wie alle anderen Teilnehmenden der Demonstration auch.
Gemeinnützige (Sport-)Vereine dürfen sich zu aktuellen (tages-)politischen Themen positionieren und auch zu Kundgebungen gegen extreme Rechte aufrufen. Sie sind zwar parteipolitisch neutral, aber nicht gesellschaftspolitisch neutral. Bei den momentanen Kundgebungen und Demonstrationen gegen extrem rechts werden menschenfeindliche Positionen kritisiert. Diese menschenfeindlichen Positionen verstoßen gegen unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung und gegen die Werte des Sports. (Sport-)Vereine als Teil unserer Gesellschaft dürfen sich gesellschaftspolitisch äußern und leisten mit ihrer Positionierung einen wichtigen Beitrag zum Schutz unserer Demokratie. Die Vereinskultur selbst basiert auf demokratischen Grundwerten, wie mitgestalten, mitentscheiden und mitstreiten. Durch demokratie- und menschenfeindliche Aussagen von Organisationen und Parteien ist unsere Vereins- und Gesellschaftskultur in Gefahr, Demonstrationen gegen extrem Rechte tragen zum Erhalt unserer offenen Vereinskultur bei. Sport war, ist und bleibt gesellschaftspolitisch.
Liebe..., wir, der (TuSpo XY /Vereinsname) stehen für Respekt, Vielfalt und Fairplay. Wir sind dankbar für unsere vielfältige Sportgemeinschaft. Wir verurteilen alle demokratiefeindlichen und menschenverachtenden Ideen, Äußerungen und Handlungen und treten diesen entschieden entgegen. Wenn rechtsextreme Parteien, Gruppierungen oder Akteur*innen unsere demokratischen Strukturen angreifen, müssen wir gemeinsam aufstehen und laut werden, denn jetzt ist gemeinschaftliches Handeln jeder einzelnen Person gefragt. Wir rufen euch dazu auf, an der (Veranstaltungsname XY) teilzunehmen, denn wir sind #dieMehrheit!
Nein, die Gemeinnützigkeit eines Vereins ist dadurch nicht gefährdet. Ein Sportverein/Sportbund/Landesfachverband darf sich sport- und gesellschaftspolitisch äußern. Dies gilt auch dann, wenn ein gesellschaftspolitisches Engagement nicht in der Satzung verankert ist. Wichtige Fragen zur “Politischen Neutralität des Sports” wurden im Rechtsgutachten von Prof. Martin Nolte im Auftrag der Deutschen Sportjugend geklärt und sind in mehreren Erklär-Filmen sowie in einer praxisorientierten Broschüre anschaulich erläutert.
Nein, diese Abfrage ist nicht zulässig. Für die Entscheidung zur Aufnahme einer Person in einen Verein darf weder laut Satzung noch in der Begründung bei einer Nicht-Aufnahme die Parteizugehörigkeit als einziger Grund genannt werden. Jeder Verein darf selbst entscheiden, welche Personen er aufnimmt und welche Personen nicht. Eine etwaige Nichtaufnahme sollte inhaltlich begründet werden, z.B. weil bekannt ist, dass diese Person einer rechtsextremen Gruppierung angehört oder rassistische Äußerungen in der Öffentlichkeit getätigt hat.
(Auszug) “Sportvereine haben das Recht zu gesellschaftspolitischen Positionierungen im Rahmen ihrer Meinungs- und Versammlungsfreiheit aus Art. 5 Abs.1 GG sowie Art. 8 Abs. 1 GG. Das Gemeinnützigkeitsrecht verbietet allerdings allgemeinpolitische Positionierungen sowie parteipolitische Zweckverfolgung.” (Nolte, 2021:53)
Ja, dies ist im Positionspapier von DOSB und dsj zusammengestellt. Auszug: “Klare Haltung für eine offene, vielfältige und demokratische Gesellschaft” (2020) werden Richtlinien zum Umgang mit antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien, Gruppierungen und Akteur*innen erläutert. Die Positionierung umfasst konkrete Umsetzungsmaßnahmen, z.B. gegen eine Einladung von rechtsextremen Akteuren zu Veranstaltungen des DOSB/der dsj, gegen die Besetzung von Gremien mit (Zitat) “Personen, die als Funktionsträger*innen oder aktive Mitglieder von antidemokratischen, rechtspopulistischen und rechtsextremen Parteien oder Gruppierungen erkennbar sind oder sich öffentlich klar gegen die Werte des Sports stellen”.
Ja, ein Statement oder eine Positionierung des Vereins ist zulässig. Dies kann durch eine Satzungsergänzung, durch ein Leitbild oder auch durch das Aufhängen eines Banners in der Sporthalle oder vor dem Vereinsheim zum Ausdruck gebracht werden. Sportvereine, Sportbünde und Landesfachverbände sind zwar parteipolitisch neutral, aber nicht gesellschaftspolitisch neutral. Sie sind aufgerufen sich zu positionieren und ggf. auch ihre Mitglieder zu schützen. Rechtsextreme oder rechtspopulistische Akteur*innen, Organisationen oder Gruppierungen verstoßen gegen die Werte des Sports, vor allem gegen die Vielfalt unserer Mitglieder und einer gleichberechtigten Teilhabe aller Menschen im Sport. Rechtsextreme adressieren bestimmte Teile unserer Gesellschaft als “nicht zugehörig” und möchten diese Menschen ausschließen (Menschen, die als Migrant*innen gekennzeichnet werden, Menschen mit einer Behinderung oder auch Trans-Menschen).
Grundlegende verbindende Werte sollten gemeinschaftlich abgestimmt werden und können bspw. anhand eines Leitbildes oder der Satzung ausgearbeitet werden.
Die Vereinssatzung ist die Basis für rechtsicheres Handeln. Sie wirkt aber lediglich innerhalb des Vereins und nicht gegenüber außenstehenden Dritten wie bspw. Gäst*innen, externen Fans oder Eltern.
Weitere Informationen zu Leitbildern:
Themendossier_Sport_Werte_und_Politik_2.pdf (static-dsj-de.s3.amazonaws.com) (S. 42-49)
Weitere Informationen zu Satzungsanregungen:
Themendossier_Sport_Werte_und_Politik_2.pdf (static-dsj-de.s3.amazonaws.com) (S. 66-77)
Indem sich Vereine aktiv gegen Rechtsextremismus und Formen von Diskriminierung, wie bspw. Antisemitismus, Ableismus (Diskriminierung gegenüber Menschen mit Behinderungen), Homo- und Transfeindlichkeit, Rassismus, und anderen Erscheinungen der Menschenfeindlichkeit aussprechen, senden sie eine klare Botschaft und vertreten offen die Werte des Sports. Durch dieses klare Zeichen öffnet er sich für neue Mitglieder, die sich dadurch willkommen fühlen. Ein Verein, der sich gegen menschenfeindliche Positionen äußert, schützt Menschen innerhalb und außerhalb des Vereins, die von Diskriminierung betroffen sind. Weiter stärkt er Menschen, die sich für eine tolerante und offene Gesellschaft engagieren.
Prof. Martin Nolte hat in einem Rechtswissenschaftlichen Gutachten verschiedene Situationen zusammengestellt, mit denen Sportvereine in diesem Kontext konfrontiert sind.
Im Vorfeld eines Turnieres/Spiels/Events können Sie darauf hinweisen, dass extrem rechte Ideologien nicht erwünscht sind. Dies kann durch eine Ausschlussklausel formuliert werden. Eine Ausschlussklausel kann bspw. so formuliert werden:
Ausschlussklausel
Die Veranstaltenden behalten sich vor, von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen, die rechtsextremen Parteien oder Organisationen angehören, der rechtsextremen Szene zuzuordnen sind oder bereits in der Vergangenheit durch rassistische, nationalistische, antisemitische oder sonstige menschenverachtende Äußerungen in Erscheinung getreten sind, den Zutritt zur Veranstaltung zu verwehren oder von dieser auszuschließen. Ebenso ausgeschlossen ist das Tragen von Kleidungsstücken, deren Herstellung, Vertrieb oder Zielgruppe nach allgemein anerkannter Auffassung einen rechtsextremen Bezug dokumentiert wie zum Beispiel die Bekleidungsmarken Thor Steinar, Consdaple oder Erik and Sons.
Eine ausführliche Checkliste zur Gestaltung einer Veranstaltung in geschlossenen Räumen ohne extreme Rechte finden Sie hier:
www.bpb.de/themen/rechtsextremismus/dossier-rechtsextremismus/41610/guter-rat-wenn-nazis-stoeren/
Weitere Informationen, Erläuterungen o.Ä.. sind auf der Seite “Sport mit Courage” der dsj zusammengestellt und in der Bibliothek Sport mit Courage des LSB.
Hörtipp:
Tauziehen – der Podcast zu Politik und Sport mit Nina Reip und Nico Mikulic. In den Folgen werden gesellschaftspolitische Themen besprochen, die in der aktuellen Debatte relevant sind.
Lesetipp:
Umgang mit der AfD: Vereine müssen Haltung zeigen (deutschlandfunk.de)
Die elementaren Werte und Grundsätze des LSB und der Sportjugend Nds. finden sich in der Satzung sowie in der Jugendordnung (insbesondere § 2) Jugendordnung-Sportjugend
Weitere Informationen zu guter Verbandsführung finden sich HIER.
Der LSB hat ein klares Statement gegen Antisemitismus veröffentlich. Diese Erklärung oder einzelne Passagen können für eigene Positionierungen in den Gliederungen und Fachverbänden genutzt werden: Antisemitismus ist keine Meinung!
Weiter Informationen zu „Sport und seiner gesellschaftspolitischer Bedeutung“ finden sich in unserem Positionspapier „Sport verbindet Menschen“
Der LandesSportBund Nds. berät Sportvereine, Sportbünde und Landesfachverbände vertraulich, kostenlos und auf Augenhöhe bei vielen Fragen im Kontext von:
Demokratie(-feindlichkeit) und Demokratieförderung, Rassismus, (Rechts-)Extremismus, Aufnahme/Ausschluss von Mitgliedern, wertebasierten Satzungsfragen, Erstellung von Leitbildern
Ansprechpersonen:
Patrick Neumann, pneumann@lsb-niedersachsen.de
Larissa-J. Becks, ljbecks@lsb-niedersachsen.de
Mobile Beratung in Niedersachsen:
Anlaufstelle gegen Rechtsextremismus für Demokratie landesweit zum Umgang mit Rechtsextremismus, Antisemitismus und Rassismus
E-Mail: mobileberatung@ldz-niedersachsen.de
Tel.: +49 511 120 8706
Betroffenen Beratung:
Anlaufstelle für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt
Hinweis: Vielen Dank an die Sportjugend Hessen und den Landessportbund Hessen für die Erarbeitung und Bereitstellung dieser FAQ.